In der
7. Abteilung zogen wir um: Vom großen Studiersaal in kleine
Studierzimmer für je 4 Schüler.
Wir (Albrecht v. Keyserlingk (Bebutz), Christoph Gurlitt, Rupert
Metzger und Thomas Müller) belegten eines der Zimmer. Die Studierzimmer
waren ursprünglich
ein Gang, der in mehrere Zimmer unterteilt wurde. Dafür wurde der
vordere Teil der ursprünglichen Zimmer zu einem
Gang. Im hinteren Teil waren die Schlafräume, die nebst Waschgelegenheit
in Alkoven abgeteilt wurden.
Die Eingangstür zum Studierzimmer wurde daher ursprünglich
in die andere Richtung benutzt.
Bei der Gestaltung des Studierzimmers ging es uns nicht nur darum, für
jeden eine Ecke zu finden, sondern auch das ganze Zimmer „wohnlich“ zu
gestalten. Wir hatten dazu Bilder und auch ein trapezförmiges Brett
in einer Ecke aufgehängt. Das Brett war mit einem Plüschstoff
bezogen und auch mit Bildern versehen. Vielleicht erinnert sich noch
jemand genau daran, oder hat sogar ein Photo davon.
Ein Bodenregal hatten wir auch noch, in dem sich ein Wasserkocher für
den Tee befand, gut versteckt hinter einem Plüschvorhang. Der Wasserkocher
wurde dann so angestellt, dass das Wasser erst dann kochte, wenn der
Präfekt auf seinem Rundgang im nächsten Zimmer war.
Über der Eingangstür befand sich innen eine Supraporte. Gewölbt
mit einem Gipsstuckrahmen und einem Bild; ein Rehlein oder eine ähnliche
Scheußlichkeit. Da uns das nicht gefiel und überhaupt
nicht in den neu gestalteten Raum passte, beschlossen wir, das Reh mit
einem
anderen Bild zu überkleben. Dazu verwendeten wir UHU Alleskleber.
So weit so gut oder so schön oder so verwerflich.
Nachdem das bemerkt wurde, gab es einen großen Aufstand. Uns wurde
vorgeworfen, wir hätten ein Kunstwerk beschädigt und überhaupt
stünde es uns nicht zu, die Bausubstanz zu verändern. Jedenfalls
wurde in den nächsten Ferien ein Restaurator von München beauftragt,
das Bild zu restaurieren. Das Verwerfliche unseres Tuns wurde uns in
der Kollegsöffentlichkeit vorgeworfen und wir bekamen Stubenarrest
(wie lange weiß ich nicht mehr). Unsere Eltern bekamen ein Schreiben,
in dem unsere Verfehlungen ausgebreitet wurden und eine Rechnung über
420 DM beigelegt war. Das Kolleg verzichtete dabei großzügig
auf die Übernachtungskosten des Restaurators.
Jeder von uns wurde noch zu einem Gespräch mit dem Präfekt
verdonnert, in dem wir auf die Verwerflichkeit unsers Tuns hingewiesen
wurden. Ich erinnere mich noch gut an das Gespräch mit Pater Eberhard
v. Gemmingen SJ auf einem Rundgang um das Kolleg. Nach allgemeinen Ermahnungen
nahm ich Stellung dazu und fragte, ob er das Rehlein für ein bemerkenswertes
Kunstwerk halte bzw. für angemessen für unsere Studierbude
ansehe und demzufolge ein „Verhüllen“ dieses Bildes
angebracht sei. Dieser Stellungnahme, mit der ich mit meinen Zimmergenossen
einig war, konnte er nichts Wesentliches entgegenhalten. Ich gab zu,
dass wir lediglich in der Wahl des Klebstoffs einen Fehler begangen hätten.
Das erwünschte Donnerwetter von meinen Eltern konnte ich damit auch
abbiegen; mein Vater hat die Rechnung der Haftpflichtversicherung übergeben,
die für den Schaden aufkam.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie autoritär die Kollegsleitung
auf Vorfälle reagiert hat und mit welchen Methoden versucht wurde,
uns zu disziplinieren. |
An das "Rehlein" erinnere ich mich noch sehr
genau, wenn auch nicht an all die Einzelheiten, die Rupert hier noch
präsent hat.
Was
hat er noch für ein Gedächtnis ...!
Nicht ganz
einverstanden bin ich (heute) mit seinem Schlusssatz:
Wir hatten
sicher etwas Ungezogenes begangen, und die massive Abschreckung sollte
Nachahmungen verhindern. Wir hatten eindeutig etwas Verwerfliches
getan ... |
|